So verwenden Sie Chronikerpauschalen richtig


Bei den Chronikerpauschalen dreht sich alles um die zentrale Frage: Wann ist ein Patient ein Chroniker? Zwar wurde das Vergütungssystem für Chroniker 2014 neu geregelt, aber trotzdem sind zentrale Punkte nicht eindeutig formuliert. Wie Sie Fallstricke erkennen und umgehen, zeigen wir Ihnen in diesem Artikel.

Wann ist ein Patient chronisch krank?

In der Präambel zu den Chronikerpauschalen im EBM findet man, dass die Ziffern 03220 und 03221 abgerechnet werden dürfen, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

  • Vorliegen mindestens einer lang andauernden, lebensverändernden Erkrankung
  • Notwendigkeit einer kontinuierlichen ärztlichen Behandlung und Betreuung


Was ist die Chronikerpauschale 03220?

  • Zuschlag zur Versichertenpauschale
  • Obligater Leistungsinhalt: persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt
  • Einmal pro Quartal abrechenbar

Bitte beachten Sie:

Die zu behandelnde Krankheit muss jedes Quartal als gesicherte Diagnose auf dem Abrechnungsschein stehen.

  • Eine abschließende Liste definierter „gültiger“ chronischer Erkrankungen gibt es nicht.
  • Allerdings haben einige KVen sogenannte Positivlisten, welche ICD (International Statistical Classification of Diseases) sie als Behandlungsdiagnosen für Chroniker akzeptieren, z. B. die KV Baden-Württemberg.


Die korrekte Abrechnung erfordert die Anwendung der „4-3-2-Regelung“:

  • Der Patient muss über vier Quartale wegen derselben chronischen gesicherten Erkrankung (ICD-Code) in Behandlung sein.
  • Dabei sollte er mindestens in drei Quartalen die Praxis aufgesucht haben.
  • Mindestens zwei Mal davon den Arzt persönlich gesprochen haben

Der Patient muss also nicht in jedem der vier Quartale in der Praxis behandelt worden sein, es reichen drei Quartale, wenn in diesen drei Quartalen alle o. g. Bedingungen erfüllt wurden.

Deswegen kann bei der Erstdiagnose einer chronischen Erkrankung nach drei Quartalen zum ersten Mal die Chronikerziffer abgerechnet werden.


Das sind die Ausnahmen bei der Chronikerpauschale:

  • Generell kann bei Neugeborenen und Säuglingen bis zum vollendeten 12. Lebensmonat die Chronikerpauschale auch ohne die Voraussetzung einer kontinuierlichen Behandlung berechnet werden.
  • Wenn der Patient den Hausarzt wechselt und vom Behandlungsbedarf die Voraussetzungen für die Abrechnung der Chronikerpauschale gegeben wäre, wird diese mit dem Zusatzkennzeichen „H“ abgerechnet. In den meisten KVen wird das Zusatzkennzeichen so lange gesetzt, bis der Patient auch in der eigenen Praxis die Voraussetzungen vonseiten der notwendigen Kontakte erfüllt. Im Zweifel muss bei der KV nachgefragt werden.

Zusammenfassend gilt, dass die 03220H/03221H abzurechnen ist bei:

  • Hausarztwechsel
  • Wechsel aus der HzV wieder zurück ins Kollektivsystem
  • Namenswechsel des Patienten
  • Wechsel von der PKV in die GKV
  • Änderung der Betriebsstättennummer (Gründung einer Gemeinschaftspraxis, Praxisneugründung/-übernahme)

Für die Nachvollziehbarkeit sollte der Patient nach dem Namen des Hausarztes und der Dauer der Betreuung (Anzahl der Vorquartale) befragt und das Ergebnis in der Akte dokumentiert werden – natürlich auch, wenn der Patient den Namen des Vorbehandlers nicht nennen möchte.


Welche Ausschlüsse müssen bei der Abrechnung beachtet werden?

  • Phlebologische Leistungen nach Abschnitt 30.5 EBM
  • Schmerztherapeutische Leistungen inkl. Akupunktur nach Abschnitt 30.7 EBM
  • Psychotherapeutische Leistungen mit Ausnahme der Psychosomatik
  • Leistungen der Onkologievereinbarung


Achtung!

Diese Abrechnungsausschlüsse gelten jedoch nur in fachgleichen hausärztlichen Praxen. Wenn diese Leistungen neben den Chronikerziffern in fachübergreifenden Praxen von Ärzten abgerechnet werden, die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen, gelten diese Abrechnungsausschlüsse nicht.


Fazit für die Praxis:

  • Chronisch kranke Patienten sollten regelmäßig einbestellt werden. Kein Patient sollte die Praxis ohne einen neuen Termin im Folgequartal verlassen.
  • Nutzen Sie die Möglichkeit des Disease-Management-Programms, um der Behandlung des Patienten eine zusätzliche Struktur zu geben.
  • Machen Sie Gebrauch von Recall-Systemen. Diese sind heute in vielen Praxisverwaltungsprogrammen vorgesehen.
  • Bevor Sie bei einem Patienten ins Grübeln kommen, ob hier ein Hausarztwechsel vorliegt oder nicht: Bei einem durchschnittlichen Chronikeranteil von ca. 45-55 % sitzt der nächste chronisch kranke Patient mit großer Wahrscheinlichkeit bereits im Wartezimmer.