Praxisbesonderheiten richtig begründen: Teil 1 – Arzneimittel


Praxisbesonderheiten sind ein wichtiges Thema in jeder Praxis. Aufgrund des Umfangs setzen wir uns in zwei Teilen mit ihnen auseinander. In diesem Artikel geht es hauptsächlich um die Praxisbesonderheiten im Arzneimittelbereich, während in einem zweiten Teil die Heilmittelverordnungen im Vordergrund stehen.

Wie sind Praxisbesonderheiten definiert?

Unter Praxisbesonderheiten versteht man individuelle Merkmale oder Eigenheiten einer Arztpraxis. Sie beruhen auf einer besonderen Patientenstruktur, durch die sich die Praxis erheblich vom Durchschnitt der übrigen Praxen der Fachgruppe unterscheidet.

Eine Praxisbesonderheit liegt beispielsweise dann vor, wenn

  • eine überdurchschnittlich hohe Zahl von Patienten eine Leistung bzw. eine Verordnung erhält, die deutlich über dem Fachgruppendurchschnitt liegt und
  • die erhöhten Leistungen / Verordnungen sich aus einer höheren Anzahl von Patienten mit einem bestimmten Krankheitsbild ergeben, bei dem die Verordnungen / Leistungen notwendig sind und sich dies auch z.B. mit einer höheren Diagnosehäufigkeit belegen lässt.


Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfung

Praxisbesonderheiten sind im Zusammenhang mit der Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfung für die Bestimmung der Überschreitung von Ausgabenvolumina wichtig. Sie können als Erklärung für einen besonders hohen Bedarf an Arznei- oder Heilmitteln oder die häufige Abrechnung einzelner EBM-Ziffern dienen.

Definierte versus individuelle Praxisbesonderheiten

Im Rahmen von Prüfungen sind die Prüfstellen verpflichtet, definierte Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen. Erst wenn eine Überschreitung der festgelegten Richtwerte, Richtgrößen oder Quoten vorliegt, wird der Arzt über die Prüfung informiert und muss Stellung nehmen. Anhand dieser Information muss die Prüfungsstelle dem Arzt auch vorlegen, welche Praxisbesonderheiten bereits berücksichtigt wurden.

Neben den vereinbarten Praxisbesonderheiten gibt es in jedem Verfahren auch die Möglichkeit, individuelle Praxisbesonderheiten anzuzeigen und darzulegen. Der Vertragsarzt muss beschreiben und plausibel machen, warum seine Praxis von den Vergleichspraxen abweicht. Die Beweislast liegt beim Arzt und nicht bei den Prüfgremien.

Praxisbesonderheiten variieren in KV-Bezirken

Die vereinbarten Praxisbesonderheiten und die Höhe des Prozentsatzes, mit dem diese berücksichtigt werden, variieren von KV zu KV. In einigen KVen werden alle Praxisbesonderheiten ab der ersten Arzneimittel-Verordnung berücksichtigt, in anderen KV-Bezirken erst ab der Überschreitung im Vergleich zum Fachgruppendurchschnitt. In vielen KV-Bezirken ist es auch eine Mischung, je nach Wirkstoff(-gruppe) oder Indikation.

Vereinbarung von Praxisbesonderheiten mit GKV

Im Rahmen der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln kann der Hersteller mit dem GKV-Spitzenverband für das Arzneimittel eine Praxisbesonderheit vereinbaren. Diese gilt dann bundesweit – ab der ersten Verordnung. Aber auch hier ist genau darauf zu achten, für welche Patientengruppe die Praxisbesonderheit gilt. In der Regel umfasst diese nur definierte Patienten-Subgruppen des zugelassenen Indikationsspektrums. Die aktuelle Liste der bundesweit vereinbarten Praxisbesonderheiten kann auf der Homepage des GKV-Spitzenverbandes eingesehen werden.

Überblick zu bundesweiten Praxisbesonderheiten

   


   


Gesicherte Diagnosen als Grundlage für Praxisbesonderheiten Die sinnvollste und eindeutigste Dokumentation von Praxisbesonderheiten sind gesicherte Diagnosen. Für jede Behandlung und jede Verordnung sollten die entsprechenden differenzierten Diagnosen als Dokumentation in die Patientenakte und auch auf dem Abrechnungsschein eingetragen werden. Wenn eine hausärztliche Praxis beispielsweise über den Fachgruppendurchschnitt hinaus orale Antidiabetika verordnet, dann sollte auch die Häufigkeit der Diagnose des Typ-2-Diabetes über derjenigen der Fachgruppe liegen. Dies ist dann konsistent und nachvollziehbar.

In KV-Bezirken, in denen es für die Kennzeichnung Symbolnummern gibt, sollten diese unbedingt verwenden werden. Diese sind vom Arzt auf der jeweiligen Abrechnung mit anzugeben und können daher leicht bei einer Prüfung abgezogen werden.

Eine nachgereichte Dokumentation der Symbolnummern oder auch nachträglich gemeldete Diagnosen werden nicht mehr anerkannt.

Fazit

Machen Sie Praxisbesonderheiten geltend und dokumentieren Sie diese bereits während der laufenden Behandlung durch:

  • gesicherte und endstellige Diagnosen
  • Textdokumentation in der Patientenakte über den bisherigen Therapieverlauf
  • Markierung der Praxisbesonderheiten durch KV-spezifische Symbolnummern im Rahmen der Arznei- und/oder Heilmittelverordnung

Quellen:
Rahmenvorgaben Wirtschaftlichkeitsprüfung von GKV-Spitzenverband und KBV Weitere Informationen zu den länderspezifischen Regelungen finden Sie auf den Websites der jeweiligen KVen.

www.kvbawue.de
www.kvb.de
www.kvberlin.de
www.kvbb.de
www.kvhb.de
www.kvhh.net/kvhh
www.kvhessen.de/was-uns-bewegt/
www.kvmv.info
www.kvn.de/Startseite/
www.kvno.de
www.kv-rlp.de
www.kvs-sachsen.de
www.kvsaarland.de
www.kvsa.de/start.html
www.kvsh.de
www.kv-thueringen.de
www.kvwl.de