Praxisbesonderheiten richtig begründen: Teil 2 – Heilmittel


Praxisbesonderheiten sind ein wichtiges Thema in jeder Praxis. Aufgrund des Umfangs setzen wir uns in zwei Teilen mit ihnen auseinander. Im letzten Monat haben wir Ihnen gezeigt, was Sie bei Arzneimitteln beachten müssen. Lesen Sie hier noch einmal den gesamten Artikel. Im zweiten Teil unserer Reihe stehen nun die Heilmittelverordnungen im Vordergrund.

Welche Praxisbesonderheiten gibt es für Heilmittel?
Bei den Heilmittelverordnungen wird nicht mehr konkret von Praxisbesonderheiten gesprochen. Im Heilmittelbereich gibt es nun dafür „Besondere Verordnungsbedarfe “ sowie den „Langfristigen Heilmittelbedarf“. Beide Bereiche gelten als Praxisbesonderheiten und werden im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung zu Gunsten des Arztes berücksichtigt.

Besondere Verordnungsbedarfe

Seit Januar 2017 gibt es eine abschließende Liste, die „Besondere Verordnungsbedarfe“ definiert. Verordnungen von Heilmitteln bei Patienten mit gelisteten Diagnosen gelten als Praxisbesonderheiten und werden im Rahmen einer möglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung vorab berücksichtigt und vom Verordnungsvolumen abgezogen.

Hier werden jetzt auch viele geriatrische Diagnosen gelistet, die ab dem vollendeten 70. Lebensjahr als Praxisbesonderheit gelten. So werden Demenz, Angst- oder Panikstörungen, Schmerz, Schwindel und Taumel, Stuhlinkontinenz und andere – bei gesicherter Diagnose – als Praxisbesonderheit anerkannt.

Langfristiger Heilmittelbedarf

Das Verfahren wird unterschieden in Langfristverordnungen für

  • gelistete
  • und nicht gelistete Diagnosen.

a) Zu den gelisteten Diagnosen gehören u. a.:

  • COPD nach J44.00, J44.10, J44.80 und J44.80 jeweils mit einem FEV1-Wert <35 % des Sollwertes
  • Zystische Fibrose (Mukoviszidose) nach ICD E84.0, E84.8-, E84.80, E84.87, E84.88, E84.9

Bei diesen Diagnosen wird generell von einem langfristigen Heilmittelbedarf ausgegangen.

b) Eine Langfristverordnung kann auch bei nicht gelisteten Diagnosen beantragt werden, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

  • schwere dauerhafte funktionelle/strukturelle Schädigungen, die mit gelisteten Diagnosen vergleichbar sind 
  • eine Schwere und Langfristigkeit kann sich darüber hinaus auch aus der Summe mehrerer einzelner funktioneller/struktureller Schädigungen und Beeinträchtigungen der individuellen Aktivitäten ergeben

Auch für diese Verordnungen gilt, dass der definierte Regelfall gemäß Heilmittelkatalog nicht durchlaufen werden muss, sondern dass gleich ein Antrag auf Langfristverordnungen gestellt werden kann.

Regionale Praxisbesonderheiten

Zusätzlich zu den bundesweit geltenden Praxisbesonderheiten können die Kassenärztlichen Vereinigungen regionale Vereinbarungen mit den Krankenkassen treffen. 

Überblick zu bundesweiten Praxisbesonderheiten

   


   


Wie werden Praxisbesonderheiten dokumentiert?

Die sinnvollste und eindeutigste Dokumentation von Praxisbesonderheiten basiert auf gesicherten Diagnosen. Für jede Behandlung und jede Verordnung sollten die entsprechenden differenzierten Diagnosen als Dokumentation in die Patientenakte und auch auf dem Abrechnungsschein eingetragen werden. Wenn eine hausärztliche Praxis beispielsweise über den Fachgruppendurchschnitt hinaus physiotherapeutische Leistungen veranlasst, dann sollten auch die entsprechenden orthopädischen Diagnosen über dem der Fachgruppe liegen. Dies ist dann konsistent und nachvollziehbar.

In KV-Bezirken, in denen es für die Kennzeichnung Symbolnummern gibt, sind diese unbedingt zu verwenden und von der der Praxis bei Abrechnung mit anzugeben.

Achtung: Eine nachgereichte Dokumentation der Symbolnummern oder auch nachträglich gemeldete Diagnosen werden nicht mehr anerkannt.

Bei den Besonderen Verordnungsbedarfen im Heilmittelbereich ist unbedingt darauf zu achten, dass die Rezepte neben dem Indikationsschlüssel mit dem entsprechenden ICD-Code versehen werden.

Fazit

Machen Sie Praxisbesonderheiten geltend und dokumentieren Sie diese bereits während der laufenden Behandlung durch:

  • gesicherte und endstellige Diagnosen
  • Textdokumentation in der Patientenakte über den bisherigen Therapieverlauf
  • Markierung der Praxisbesonderheiten durch KV-spezifische Symbolnummern im Rahmen der Arznei- und/oder Heilmittelverordnung

 

Quellen:
Heilmittelrichtlinie, Stand 2017 Rahmenvorgaben Heilmittel für das Jahr 2017 von GKV-Spitzenverband und KBV Rahmenvorgaben Wirtschaftlichkeitsprüfung von GKV-Spitzenverband und KBV Regionale Prüfvereinbarungen, Arznei- und Heilmittelvereinbarungen