Ambulante Palliativversorgung wird gestärkt
Zum 01.10.2017 gelten neue berechnungsfähige Leistungen der qualifizierten und koordinierten palliativmedizinischen Versorgung für Haus- und Fachärzte.
Voraussetzung: Abrechnungsgenehmigung der KV
Für vier der acht neu geschaffenen Leistungen benötigt der Arzt eine Abrechnungsgenehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung. Die Anforderungen, die er dazu erfüllen muss, sind in Anlage 30 des Bundesmantelvertrags Ärzte geregelt.
Zum einen werden vom Arzt folgende praktische Erfahrungen gefordert:
- mindestens zweiwöchge Hospitation in einer Einrichtung der Palliativversorgung oder einem SAPV-Team oder
- Betreuung von mindestens 15 Palliativpatienten innerhalb der vergangenen drei Jahre
Daneben werden theoretische Kenntnisse vorausgesetzt:
- 40-stündige Kurs-Weiterbildung Palliativmedizin oder
- Vertragsärzte, die bereits die Fortbildungen „Geriatrische Grundversorgung“ und „Curriculum Psychosomatische Grundversorgung“ absolviert haben, weisen die Teilnahme am Themenkomplex 2 „Behandlung von Schmerzen und anderen belastenden Symptomen (Symptomkontrolle - 20 Stunden)“ nach oder
- Vertragsärzte, die bereits die Zusatzqualifikation „Spezielle Schmerztherapie“ absolviert haben, weisen die Teilnahme an den Themenkomplexen „Psychosoziale und spirituelle Aspekte“, „Ethische und rechtliche Fragestellungen“, „Kommunikation und Teamarbeit“ und „Selbstreflexion“ nach.
Darüber hinaus gehören zu den Teilnahmevoraussetzungen:
- die Anwendung evidenzbasierter und zugleich praxiserprobter Leitlinien in der aktuellen Fassung
- regelmäßige palliativmedizinische Fortbildungen im Umfang von 8 Fortbildungspunkten pro Jahr
- Verfügbarkeit über gültige BTM-Rezepte gemäß Betäubungsmittelverschreibungsverordnung
Ziffern, die nur mit Genehmigung berechnungsfähig sind
37300 Palliativmedizinische Ersterhebung des Patientenstatus inklusive Behandlungspläne
Um diese Ziffer abrechnen zu können, müssen folgende Leistungsbestandteile erbracht werden:
- persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt
- Untersuchung des körperlichen und psychischen Zustandes des Patienten
- standardisiertes palliativmedizinisches Assessment in mindestens fünf Bereichen: Erstellung und/oder Aktualisierung eines schriftlichen Therapieplans und/oder Schmerztherapieplans und Notfallplans in Zusammenarbeit mit allen beteiligten Ärzten
Die Abrechnung der Gebührennummer 37300 schließt sich im Krankheitsfall mit der hausärztlichen palliativmedizinischen Ersterhebung nach 03370 aus.
37302 Zuschlag zur Versicherten- oder Grundpauschale für den koordinierenden Vertragsarzt
Auch für diese Ziffer ist ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt notwendig. Des Weiteren ist hier die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer sowie der palliativmedizinischen und -pflegerischen Versorgung durch Einbezug von und Zusammenarbeit mit anderen an der Versorgung Beteiligten expliziter Leistungsbestandteil.
Auch diese Gebührennummer hat einen Ausschluss im hausärztlichen palliativmedizinischen Bereich zur 03371.
37317 Zuschlag zur GNR 37302 für die Erreichbarkeit und Besuchsbereitschaft in kritischen Phasen
Hierzu wird mit dem Patienten, seinen Angehörigen und Pflegekräften abgestimmt, zu welchen Zeiten der Arzt für diese Personengruppen außerhalb der regulären Sprechzeiten in kritischen Phasen erreichbar ist, wenn Maßnahmen aus dem Schmerz-, Therapie- und/oder Notfallplan nicht greifen oder passend sind.
Diese Ziffer ist mit 150,00 EUR sehr hoch bewertet und kann nur einmal im Krankheitsfall berechnet werden.
37318 Telefonische Beratung von mindestens 5 Minuten Dauer außerhalb der Sprechzeiten
Hierunter fallen Telefonate mit Pflegepersonal, ärztlicher Bereitschaftsdienst, Angehörigen und/oder dem Krankenhaus.
Ziffern, die ohne Genehmigung berechnungsfähig sind
Neben den genehmigungspflichtigen Ziffern gibt es auch Ziffern, die von jedem Arzt berechnungsfähig sind.
37305 Zuschlag zu den Besuchen nach 01410 und 01413 in der Häuslichkeit
37306 Zuschlag zu den Besuchen nach 01411, 01412 und 01415 in der Häuslichkeit
Diese beiden Ziffern sind bei einem persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt im Rahmen von Besuchen bei einer palliativmedizinischen Betreuung des Patienten berechnungsfähig. Der Begriff Häuslichkeit umfasst hier auch Pflege- und Hospizeinrichtungen sowie beschützende Wohnheime bzw. Einrichtungen.
Da es für die hier genannten Ziffern gleichlautende im hausärztlichen Kapitel gibt (03371 bis 03373), kann von Hausärzten jeweils nur die eine oder die andere Gebührennummer berechnet werden.
37320 Fallkonferenz Hierunter ist eine patientenorientierte Fallbesprechung zu verstehen. Diese Besprechung kann auch telefonisch erfolgen.
37314 Pauschale für die konsiliarische Erörterung und Beurteilung Diese Ziffer ist nur von konsiliarisch tätigen Ärzten, die über die Zusatzweiterbildung Palliativmedizin verfügen, berechnungsfähig.
Vergütung der neuen Leistungen
Der Gemeinsame Bewertungsausschuss hat festgestellt, dass es durch die neuen Ziffern für die qualifizierte und koordinierte palliativmedizinische Versorgung teilweise zu Einsparungen an anderer Stelle, z.B. im hausärztlichen Kapitel, kommen kann.
Von daher werden diese Ziffern befristet bis 30.09.2019 außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung – also extrabudgetär – honoriert. Frühestens zum 01.10.2019 wird der Bewertungsausschuss prüfen, ob alle oder einzelne Leistungen in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung überführt werden.
Zusammenfassende Übersicht

*GNR = Gebührennummer
Quellen
http://www.kbv.de/media/sp/Rahmenvorgaben_Wirtschaftlichkeitspruefung.pdf Beschluss des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V in seiner 398. Sitzung am 25. Juli 2017
http://institut-ba.de/ba/beschluesse.html Praxisnachrichten der KBV vom 27.07.2017
www.kbv.de/html/1150_30329.php