Die neuen Geriatrieziffern für den Hausarzt - eine Chance oder viel Lärm um nichts?
Warum gibt es neue Geriatrieziffern?
Seit 01.10.2015 ist es möglich, sofern keine ausreichende vertragsärztliche Versorgung gewährleistet ist, Ermächtigungen für geriatrische Institutsambulanzen auszusprechen. Denn niedergelassene Geriater sind eine echte „Mangelware“. Dafür musste eine EBM-Vergütung bereitgestellt werden. Vor diesem Hintergrund wurde zum 01. Juli 2016 ein neues Kapitel 30.13 in den EBM aufgenommen.
Worin liegt der Unterschied zu den bisherigen hausärztlichen Geriatrieziffern?
Die neuen Leistungen sind für Patienten mit einem besonders aufwändigen geriatrischen Versorgungsbedarf bestimmt. Das heißt, der Pat. muss mind. 71 Jahre alt sein und zwei geriatrische Syndrome oder ein geriatrisches Syndrom und eine Pflegestufe haben. Die Bedingungen sind hier nochmals enger gefasst, als in den bisherigen hausärztlich-geriatrischen Ziffern. Die spezialisierten geriatrischen Ziffern sind für die Vorabklärung und Durchführung eines weiterführenden geriatrischen Assessments sowie die Einleitung und Koordination von Therapiemaßnahmen vorgesehen. Wichtig: Die bisherigen Ziffern für die hausärztlich-geriatrische Versorgung nach 03360 und 03362 bleiben im bisherigen Umfang und mit den bisherigen Regelungen erhalten.
Welche neuen Ziffern für Hausärzte ohne Spezialisierung gibt es? Es gibt zwei Ziffern für Hausärzte:
- 30980 Abklärung vor der Durchführung eines weiterführenden geriatrischen Assessments und 30988 Zuschlag zu der GOP
- 03362 für die Einleitung und Koordination der Therapiemaßnahmen nach multiprofessioneller geriatrischer Diagnostik
Diese sind jedoch nicht ohne weiteres berechnungsfähig, da hierfür die Konsultation mit einem geriatrisch spezialisierten Arzt verpflichtender Leistungsbestandteil ist. Der Hausarzt muss also mit einem geriatrisch spezialisierten Arzt aus einer geriatrischen Institutsambulanz oder aus dem niedergelassenen Bereich Kontakt aufnehmen bzw. kooperieren.
Welche Ziffern dürfen spezialisierte geriatrische Ärzte berechnen? Geriatrisch spezialisierte Ärzte müssen weitere Voraussetzungen erfüllen, die in der neuen Qualitätssicherungsvereinbarung zur spezialisierten geriatrischen Diagnostik festgeschrieben werden. Diese Vereinbarung regelt die fachlichen, organisatorischen, räumlichen und apparativen Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Versorgung geriatrischer Patienten (Gebührenordnungspositionen 30981, 30984, 30985, 30986 EBM). Um diese Leistungen abrechnen zu dürfen, muss bei der KV ein Antrag auf Abrechnungsgenehmigung gestellt werden, dem die Ärzte folgende Nachweise beifügen müssen:
- Urkunde über die Berechtigung zum Führen der Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung,
- Nachweise über die Zusammenarbeit mit den weiteren Berufsgruppen nach § 5 durch Anstellungs- oder Kooperationsverträge unter Bezeichnung von Namen und Anschrift und Vorlage der Qualifikationsnachweise
- Nachweis über die Erfüllung der Anforderungen an die räumliche Ausstattung gemäß § 7
- Behandlung von 100 Patienten entsprechend § 2 der Vereinbarung nach § 118a SGB V im Jahr vor der Antragsstellung
- besondere geriatrische Qualifikation mit einem Umfang von 160 Stunden
- 5 Jahre vertragsärztliche Berufserfahrung
- Nachweis einer ärztlichen Tätigkeit von 12 Monaten in einer medizinisch-geriatrischen Einrichtung unter Anleitung eines Geriaters
Dann erst dürfen diese spezialisierten Ärzte nachfolgende Ziffern abgerechnet werden.
- 30981 Abklärung vor der Durchführung eines weiterführenden geriatrischen Assessments durch einen geriatrisch spezialisierten Arzt
- 30984 Weiterführendes geriatrisches Assessment (Dauer mind. 60 min.)
- 30985 Zuschlag zur 30984 für die Fortsetzung des weiterführenden geriatrischen Assessments
- 30986 Zuschlag zur 30985 für die Fortsetzung des weiterführenden geriatrischen Assessments
Fazit
Es handelt sich also zum einen um Ziffern (30980 und 30988), die für den Hausarzt ohne weitere KV-Genehmigung berechnungsfähig sind, wenn die Konsultation mit einem geriatrisch spezialisierten Arzt sichergestellt ist und zum anderen um Ziffern (30981 bis 30986), die nur mit Genehmigung von spezialisierten geriatrischen Ärzten abgerechnet werden dürfen.
Auch wenn diese Leistungen außerhalb der Gesamtvergütung honoriert werden, bleibt abzuwarten, ob diese Einzug in den ambulanten Alltag halten werden. Die Qualifikationsvoraussetzungen um eine Abrechnungsgenehmigung zu erhalten, sind ziemlich hoch. Die Ziffern werden wohl den wenigen geriatrischen Institutsambulanzen vorbehalten bleiben.
Quellennachweis: BESCHLUSS des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V in seiner 372. Sitzung am 11. März 2016 zur Änderung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) mit Wirkung zum 1. Juli 2016