Integrierte Versorgung – was ändert sich?
Integrierte Versorgungsmodelle werden derzeit von Krankenkassen für eine Vielzahl von Krankheitsbildern angeboten und sollen durch einen Innovationsfonds gefördert werden. Die Vernetzung soll die bisherige Abschottung der einzelnen Leistungsbereiche überwinden und Schnittstellenprobleme besser in den Griff bekommen. Sie soll die Qualität der Patientenversorgung verbessern und zugleich die Gesundheitskosten senken.
Das Versorgungsmodell ist, so argumentiert das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), insbesondere für komplexe Behandlungsprozesse geeignet, an denen mehrere medizinische Leistungserbringer beteiligt sind1.
Vernetztes Versorgungsmodell für Volkskrankheiten
Zu den Krankheitsbildern, bei denen sich ein solches Versorgungsmodell laut BMG anbietet, gehören zum Beispiel Herz-Kreislauf-Krankheiten, der Diabetes mellitus, Depressionen und Bandscheibenerkrankungen. Entsprechende Modelle gibt es darüber hinaus auch bei pneumologischen Krankheitsbildern wie Asthma und COPD.
Mit der integrierten Versorgung soll bei den aufgeführten Volkskrankheiten stärker als bisher eine flächendeckende, qualitätsgesicherte Behandlung der Patienten gewährleistet werden, wobei sämtliche Erkrankungen des Patienten vernetzt zu behandeln sind. Um zugleich die medizinische und pflegerische Situation von älteren und gebrechlichen Patienten zu verbessern, ist auch die Pflegeversicherung in die integrierte Versorgung eingebunden.
Geregelte Rahmenbedingungen – Medizin „aus einem Guss“
Ein Vertrag zwischen einer oder mehreren Krankenkassen und den Leistungserbringern auf Grundlage des §140 a-d SGB V ist Voraussetzung für die Teilnahme am Modell der integrierten Versorgung. Für Versicherte ist die Teilnahme freiwillig. Dabei können die KrankenkassenVersicherten, die an dem Modell teilnehmen, sogar einen Bonus gewähren.
Die Patienten können sich bei dem Versorgungsmodell von ihrem Arzt durch das Gesundheitssystem lotsen lassen und müssen sich nicht selbst um die Behandlung kümmern. Sie erhalten damit quasi eine „Medizin aus einem Guss“. Die Krankenkassen bestehen bei den Vertragsabschlüssen in aller Regel auf eine Behandlung nach Leitlinien und auf Gewährleistungszusagen. Die teilnehmenden Ärzte verpflichten sich zu regelmäßigen Qualitätszirkeln.
Potenzielle Vorteile der integrierten Versorgung
Das BMG nennt als Vorteile der integrierten Versorgung
- die Einbindung des Patienten in eine Behandlungskette, wodurch die mühsame eigene Suche der Patienten nach einem geeigneten Spezialisten entfällt
- den Wegfall kostspieliger Mehrfachuntersuchungen und damit zugleich auch unnötiger Belastungen des Patienten
- eine Verkürzung der Liegezeiten in der Klinik
- die Behandlung nach definierten Behandlungspfaden entsprechend dem aktuellen Wissensstand
- eine Minderung des Risikos für Folgeerkrankungen durch standardisierte Nachuntersuchungen nach stationären und rehabilitativen Behandlungen
Unzureichende Umsetzung des Modells
Eine bislang unzureichende Umsetzung der integrierten Versorgung mit Überwindung der Sektorengrenzen beklagten allerdings im Dezember 2015 Experten beim Bundeskongress der Deutschen Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen e.V. (DGIV) in Berlin. Moniert wurde dort insbesondere, dass derzeit offenkundig noch „ein größeres Interesse an der besseren Verzahnung als an der konsequenten Überwindung sektoraler Strukturen“ besteht. Umso mehr gelte es, die bereits bestehenden Rahmenbedingungen zur Gestaltung innovativer sektorenübergreifender Versorgungsformen auszuschöpfen2.
Die DGIV kritisiert, „Krankheiten orientieren sich aber nicht an Sektorengrenzen“, heißt es in einer Mitteilung der Organisation. Vor allem mit der zunehmenden Inzidenz und Prävalenz vieler chronischer Erkrankungen werde sich das Gesundheitssystem jedoch stärker als bisher an Versorgungs- statt an Verwaltungsnotwendigkeiten orientieren müssen.
Quellen:
1 Bundesministerium für Gesundheit www.bmg.bund.de
2 Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen e.V. (DGIV), www.dgiv.org