Wenn Sie jemanden pflegen, aber selbst chronisch krank sind
Trishna Bharadia gibt sechs Tipps für Pflegepersonen, die selbst an chronischen Krankheiten leiden.
Seit meiner Diagnose „Multiple Sklerose“ (MS) im Jahr 2008 ist mein Vater meine engste Bezugsperson, die sich um mich kümmert.
Seine Großzügigkeit kennt keine Grenzen. Er begleitete mich auf Reisen, begleitete mich zu Terminen und half beim Einkaufen.
Er erledigte alle „schweren Arbeiten“ im Haushalt, wie Staubsaugen und Reparaturen.
Alle dachten, er sei kerngesund und bärenstark. Obwohl er schon über 70 Jahre alt ist, spielte er weiterhin Hockey auf Wettkampfniveau. Die Menschen sind erstaunt, wenn sie erfahren, wie alt er ist. Er ist mein Vater, meine Pflegeperson, mein Held und meine Stütze.
Als bei ihm mittelgradiger Prostatakrebs diagnostiziert wurde, brach für mich eine Welt zusammen. Ich habe erkannt, wie schnell Pflegepersonen zu Patienten werden können und umgekehrt.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass pflegende Menschen sich um ihre eigene Krankheit und um die der ihnen nahestehenden Personen kümmern. Pflegende Angehörige sind selbst häufiger von chronischen und schwerwiegenden Krankheiten betroffen als Personen, die keine Angehörigen pflegen.1 Etwa 17 % bis 35 % der Pflegepersonen bewerten ihre Gesundheit als „mittelmäßig“ bis „schlecht". Diejenigen, die die körperliche Belastung durch die Pflege am ehesten als „hoch“ einstufen, sind diejenigen, die ein Jahr oder länger Angehörige pflegen.2
Weder ist die Pflege eine leichte Aufgabe noch leben wir in einer gerechten Welt. Da meine Mutter, meine Schwester und ich in die Pflege meines Vaters eingebunden waren, gelang es uns, trotz der widrigen Umstände zurechtzukommen.
Alles hat sich über Nacht verändert
Nach der Diagnose meines Vaters folgten zwei Monate intensiver Untersuchungen. Mein Vater ging in unserer Begleitung im Krankenhaus ein und aus. Dann kam die Entscheidung, ob eine Strahlentherapie oder Operation durchgeführt werden soll. Beide Optionen würden bedeuten, dass Vater zumindest etwas Pflege bräuchte, die dann mir, meiner Mutter und meiner jüngeren Schwester zufallen würde. Wir leben alle mit Langzeiterkrankungen, also brauchten wir all unsere Kräfte, um uns gegenseitig zu helfen.
Außerdem befanden wir uns mitten in der COVID-19-Pandemie. Wir alle waren und sind „anfällig“ für das Virus. Meine Schwester wird aufgrund ihrer Medikamente als „extrem anfällig“ eingestuft. Daher wussten wir, dass wir die Pflege unseres Vaters allein bewältigen mussten. Andere Verwandte boten ihre Hilfe an, aber Menschen von außerhalb würden die Gesundheit aller im Haus gefährden.
Es war schwierig. Nach Vaters Operation war die Übernahme seiner Pflege mental und körperlich anstrengend. Wir mussten auch alle Aufgaben im Haushalt übernehmen, die sonst von ihm erledigt wurden – wie Putzen, Staubsaugen und vieles mehr.
Wie habe ich es also geschafft, meine Gesundheit zu schützen, die Aufgaben meines Vaters zu übernehmen und für ihn zu sorgen?
Hier sind meine besten 6 Tipps für die Pflege anderer, wenn man selbst mit einer Langzeiterkrankung lebt:
1. Bauen Sie Ihr eigenes Symptommanagement in Ihre Routine ein
Die beiden MS-Symptome, mit denen ich mich am meisten konfrontiert fühle, sind Müdigkeit und Blasenprobleme.
Ich merkte bald, dass alles, was in der Pflege meines Vaters sehr anstrengend war, nicht funktionierte, wenn ich erschöpft war oder auf die Toilette musste.
Eines Samstagabends war ich völlig erschöpft. Der Katheter meines Vaters musste entleert werden, bevor ich ihn für das Bett bereit machen konnte. Ich war so müde und musste dringend auf die Toilette, aber ich wusste, dass mein Vater auch Schlaf brauchte. „Es dauert ja nur ein paar Minuten“, dachte ich. „Aber beeil dich.“
Mittendrin verlor ich die Konzentration und stieß den Behälter mit Vaters Urin um. Der Urin spritzte über seine Füße und sickerte in den Teppich. Wäre ich zuerst auf die Toilette gegangen und hätte einen klaren Kopf bekommen, hätte ich die nächste halbe Stunde nicht mit Saubermachen verbracht.
Danach habe ich diesen Fehler nicht mehr gemacht. Wenn ich gestresst oder benommen bin, bin ich nicht die beste Pflegeperson, die ich sein kann. Mir wurde klar, dass die Berücksichtigung meiner MS-Symptome bei meinem Pflegealltag von entscheidender Bedeutung war. Mich auf die Aufgabe konzentrieren zu können, ist nichts, was ich als selbstverständlich ansehen kann!
2. Haben Sie eine Strategie gegen emotionales Ausbrennen
Nach Vaters Diagnose war alles so überwältigend, dass ich in eine regelrechte Krise geriet. Es war sehr anstrengend, meine Gesundheit mit der benötigten Unterstützung für meinen Vater zu vereinbaren.
Am schwierigsten war es, meinen Vater in diesem Zustand zu sehen. Er war schon immer ein starker Mann. Wenn ich ihn so sah, wollte ich immerzu nur weinen.
Also habe ich genau das gemacht – und es hat geholfen.
Ich habe auch dafür gesorgt, dass ich jemanden hatte, dem es nichts ausmachte, wenn ich mich bei ihm ausheulte. Ich habe das Glück, enge Freunde zu haben, die ebenfalls mit einer Langzeiterkrankung leben. Sie verstehen mich und haben mich dabei unterstützt, einfach alles rauszulassen.
3. Setzen Sie sich Erinnerungshilfen und führen Sie ein Medikamententagebuch
Ich habe Erinnerungen auf unterschiedlichen Geräten eingestellt, damit weder mein Vater noch ich unsere verschiedenen Medikamente vergessen. Ich habe auch einen Behandlungsplaner benutzt und jede Medikamentendosis gleich während der Einnahme dort abgehakt.
Auf diese Weise hatten wir einen Überblick, wer was und wann nehmen musste. Erinnerungen waren nach der Operation besonders nützlich, als mein Vater mit der Einnahme vieler neuer Medikamente beginnen musste.
4. Finden Sie eine Routine, die für Sie funktioniert und halten Sie sich dann daran
Manche Tage sind immer ermüdender als andere.
In den Tagen nachdem mein Vater operiert worden war, brauchte ich viel länger als sonst, um meinem Vater beim Duschen zu helfen. Er hatte Schmerzen und bewegte sich langsam, und der Katheter machte die Dinge unangenehm.
Wir wurden routinierter und meine Schwester, meine Mutter und ich fanden Wege, um die täglichen Aufgaben besser zu bewältigen. Duschen planten wir zum Beispiel nicht vor oder nach einer Lebensmittellieferung ein, weil das Auspacken und Einräumen uns schon genug Kraft kosteten. Stattdessen machten wir viele Pausen vor und nach körperlich anstrengenden Tätigkeiten.
Das sind zwar nur kleine Anpassungen, aber es ist unglaublich, wie sehr die kleinen Dinge helfen können.
5. Finden Sie spezifische Unterstützung für Ihre Gegebenheiten
Ich war schon immer in Social Media und in Online-Unterstützungsforen aktiv, um mich für MS-Patientinnen und -Patienten einzusetzen.
Als ich nach Ratschlägen für meinen Vater suchte, waren allgemeine Tipps wertvoll – aber spezifische Ratschläge für die Pflege von Krebserkrankten waren am hilfreichsten.
Eine Gruppe war explizit für Frauen, die sich um jemanden kümmerten, der von Prostatakrebs betroffen war.
Ich habe viel aus ihrer Unterstützung gelernt. Aber am wichtigsten ist, dass ich Fragen stellen oder Dinge bei Bedarf aussprechen konnte.
6. Führen Sie ehrliche Gespräche mit Ihrer Familie
Meine Mutter, mein Vater, meine Schwester und ich haben bald gelernt, wie wichtig offene Kommunikation ist.
Von Anfang an haben wir regelmäßig darüber gesprochen, wie wir uns gefühlt haben und wie wir damit zurechtkommen. Wenn uns etwas zu viel wurde, haben wir es gesagt. Jeder von uns hat mit eigenen Erkrankungen zu kämpfen. Ehrlich zu sein, ermöglichte es uns, konstruktive Gespräche darüber zu führen, wie wir vorankommen können.
Das heißt nicht, dass wir uns nicht gestritten haben oder frustriert waren. Wenn man erschöpft ist und sich nicht hundertprozentig wohl fühlt, kann und wird die Stimmung kippen. Pflegepersonen werden oft als Superheldinnen und -helden dargestellt. Das ist zwar schmeichelhaft, kann uns aber auch ein schlechtes Gewissen machen, wenn wir nicht rund um die Uhr ruhig und beherrscht sind.
In Wahrheit sind wir alle Menschen und können so reizbar, verärgert, müde und frustriert sein wie alle anderen. Eher noch mehr. Wichtig war, die Erschöpfung zu erkennen und mögliche Lösungswege zu finden.
Fazit
Unser Vater hat sich gut von der Operation erholt. Durch unseren „Rollentausch“ bei der Pflege verstehen wir einander auf eine Weise, wie wir es vorher nicht konnten.
Viele von uns müssen sowohl Patientin oder Patient als auch Pflegeperson sein — manchmal sogar beides gleichzeitig. Bewältigungsstrategien zu haben, kann solch eine Erfahrung ein klein wenig leichter machen. Es wird nie ein Spaziergang sein, aber wir können es schaffen.
QUELLEN:
1 Macht Pflege krank? / Pflegende sind öfter chronisch krank, jeder Fünfte leidet ... | Presseportal , zuletzt abgerufen am 10.02.2025
2 Caregiver Statistics: Health, Technology, and Caregiving Resources - Family Caregiver Alliance , zuletzt abgerufen am 10.02.2025