Mukoviszidose
Mukoviszidose ist eine angeborene vererbbare Stoffwechselerkrankung. Der Name „Mukoviszidose“ setzt sich aus den beiden lateinischen Begriffen mucus (Schleim) und viscidus (zäh) zusammen. Diese Begriffe beschreiben das Grundproblem der Erkrankung recht gut: Aufgrund einer genetischen Veränderung bilden die Zellen verschiedener Organe einen zu zähflüssigen Schleim, der nach und nach lebenswichtige Organe „verstopft“ und in ihrer Funktion massiv einschränkt. Im Vordergrund stehen häufig Atemprobleme, weil dickflüssiger Schleim nicht abtransportiert werden kann, die Bronchien verstopft und einen Nährboden für die Ansiedlung von Bakterien bildet. Die Betroffenen leiden unter Husten, Atemnot und wiederkehrenden Lungenentzündungen bzw. Bronchitiden. Des Weiteren kann die Verdauungsfunktion gestört (chronische Verstopfung, Untergewicht, Diabetes) und die Fruchtbarkeit eingeschränkt sein. Eine weitere häufig verwendete Bezeichnung für Mukoviszidose ist zystische Fibrose (englisch: cystic fibrosis, CF).
Häufigkeit und Ursache von Mukoviszidose
In Deutschland leben rund 8.000 Menschen aller Altersstufen mit Mukoviszidose und jedes Jahr kommen etwa 200 bis 300 Neugeborene mit dieser Erkrankung auf die Welt. Damit zählt Mukoviszidose zu den seltenen Krankheiten. Mädchen und Jungen bzw. Frauen und Männer sind von der Erkrankung etwa gleich häufig betroffen. Jeder Zwanzigste ist Träger des Mukoviszidose-Gens, selbst aber nicht erkrankt.
Die Erkrankung ist durch eine Veränderung (Mutation) im Erbgut bedingt. Der Fehler liegt auf Chromosom 7, im sogenannten CFTR-Gen (CFTR = Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator). Dieses Gen liefert den Bauplan für ein Protein, das als Kanal (CFTR-Kanal) für Chloridionen 3 teva.de_briefingtemplate_landingpages_version_13.10.2022 in den Zellmembranen dient. Bei gesunden Menschen schleusen die Zellen über den CFTR-Kanal Chloridionen nach außen, wo sie sich mit Natrium zu Kochsalz verbinden (Natrium-Chlorid, NaCl). Kochsalz verbindet sich außerhalb der Zelle mit Wasser, so dass ein Flüssigkeitsfilm die Zellen umgibt. Dieser Mechanismus funktioniert bei Personen mit Mukoviszidose jedoch nicht. Da ihr CFTR-Gen und in der Folge der CFTR-Kanal verändert ist, kommt es in verschiedenen Körperzellen zu einem Ungleichgewicht des Salz-Wasser-Haushalts und die Drüsenzellen verschiedener Organe bilden kein normales flüssiges Sekret, sondern einen zähen Schleim. Dieser blockiert unter anderem die Atemwege, Gallengänge und die Gänge der Bauchspeicheldrüse. Mittlerweile sind etwa 2000 verschiedene Mutationen im CFTR-Gen bekannt, die eine Funktionsstörung des Ionenkanals hervorrufen können. Je nach Art der Mutation können die Symptome der Erkrankung unterschiedlich ausgeprägt sein. Liegt eine wenig beeinträchtigende Genveränderung vor, so haben Betroffene in der Regel geringere Beschwerden als Personen mit schwerwiegenden Mutationen. Die häufigste Mutation des CFTR-Gens trägt die Bezeichnung ΔF508. Sie liegt bei rund 70 % der Personen mit Mukoviszidose vor.
Neugeborenen-Screening
Am 1. September 2016 wurde in Deutschland als Früherkennungsuntersuchung das Neugeborenen- Screening auf Mukoviszidose eingeführt. Das bedeutet, dass Eltern routinemäßig angeboten wird, ihr neugeborenes Baby auf Mukoviszidose testen zu lassen. Stimmen die Eltern zu, entnimmt der Arzt dem Kind ein paar Tropfen Blut, die in einem Screening-Labor untersucht werden. Ein auffälliges Ergebnis des Screening-Tests bedeutet aber nicht automatisch, dass das Baby tatsächlich an Mukoviszidose erkrankt ist. Dies kann erst mit ausführlicheren Untersuchungen sicher festgestellt werden. Nur eines von fünf Neugeborenen mit einem auffälligen Screening-Ergebnis hat tatsächlich Mukoviszidose. Ärztinnen und Ärzte sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben lange für die Einführung des Mukoviszidose-Screenings in Deutschland gekämpft. Denn wenn die Stoffwechselerkrankung früh erkannt und therapiert wird, wirkt sich dies positiv auf die körperliche Entwicklung der betroffenen Kinder und den gesamten Krankheitsverlauf aus1. Allerdings kann es für junge Eltern belastend sein, wenn das Screening-Ergebnis auffällig ist und sie bis zur endgültigen Abklärung nicht wissen, ob ihr Kind krank oder gesund ist. Expertinnen und Experten empfehlen Eltern, deren Baby einen auffälligen Screening-Test hatte, sich an ein ausgewiesenes Mukoviszidose- Zentrum zu wenden, um sicherzustellen, dass ihr Kind mit modernsten Methoden untersucht und optimal betreut wird.
Therapie von Mukoviszidose
Mukoviszidose ist bis heute nicht heilbar. Die Therapie der Erkrankung ist komplex und setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Hierzu zählen neben der Gabe von Medikamenten, z. B. um die Funktion des CFTR-Kanals wenigstens teilweise wiederherzustellen, vor allem Inhalations-, Physio- , Ernährungs- und Sporttherapie. Im Lauf der Erkrankung kann zudem eine psychologische Unterstützung der Betroffenen hilfreich sein. Die Komplexität der Therapie macht es erforderlich, dass Personen mit Mukoviszidose idealerweise in spezialisierten, multidisziplinären Zentren betreut und behandelt werden2. Eine adäquate Therapie kann zu einer Verbesserung der Lebensqualität und einem Anstieg der Lebenserwartung von Personen mit Mukoviszidose führen.
Bei Mukoviszidose steht die Erkrankung der Atemwege und der Lunge mit chronischen bakteriellen Infektionen und Entzündungsvorgängen im Vordergrund. Es kommt zu Veränderungen der Lungenstruktur und zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion. Daher gehört es zu den wichtigsten Therapiezielen bei Mukoviszidose, die Lungenfunktion zu erhalten, Infektionen und Entzündungsprozesse zu bekämpfen und der Organzerstörung entgegenzuwirken. Neben Arzneimitteln, die direkt auf den CFTR-Kanal wirken (sogenannte CFTR-Modulatoren), spielt die Inhalationstherapie dabei eine wichtige Rolle. Sie muss mehrmals täglich durchgeführt und fest in den Tagesablauf integriert werden. Sie dient sowohl dazu, festen Schleim zu verflüssigen, um damit das Abhusten zu erleichtern als auch dazu, wirksame Medikamente direkt in die Atemwege zu bringen. Viele Personen mit Mukoviszidose inhalieren verschiedene Substanzen (Kochsalz, schleimlösende Mittel, Antibiotika u. a.), wobei es wichtig ist auf die richtige Reihenfolge zu achten. Damit inhalative Medikamente in die gewünschten Bereiche der Atemwege gelangen können, müssen die Atmung während des Inhalierens („Atemmanöver“), Gerät und Medikament optimal aufeinander abgestimmt sein. Die richtige Atemtechnik lernen die Betroffenen bei ihrer Ärztin bzw. Arzt und in der Physiotherapie. Es ist wichtig, die Technik von Zeit zu Zeit von Therapeutinnen bzw. Therapeuten oder Ärztinnen bzw. Ärzten überprüfen zu lassen, damit sich keine Fehler oder Nachlässigkeiten einschleichen. Prinzipiell unterscheidet man zwischen Trockeninhalation und Feuchtinhalation, wofür unterschiedliche Inhalationssysteme zur Verfügung stehen.
Das Erlernen spezieller Atemtechniken im Rahmen einer Atemphysiotherapie ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie von Mukoviszidose. Die Atemtechniken helfen den zähen Schleim in den Atemwegen zu lockern und zu entfernen, was zu einer nachweislichen Verbesserung der Lungenfunktion führt und zudem Atemwegsinfektionen vorbeugt. Personen mit Mukoviszidose sollten die Atemphysiotherapie regelmäßig selbstständig durchführen, um eine effektive Schleimentfernung zu gewährleisten.
Sport kann ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Mukoviszidose spielen. Regelmäßige körperliche Aktivität hilft, die Lungenfunktion, das allgemeine Wohlbefinden und die Lebensqualität von Mukoviszidose-Patientinnen und -Patienten zu verbessern. Sowohl Ausdauer- als auch Krafttraining kommen in Frage, wobei es wichtig ist das jeweilige Sportprogramm individuell an die Bedürfnisse und Möglichkeiten der Betroffenen anzupassen.
Da bei Personen mit Mukoviszidose neben dem Atmungstrakt vor allem Organe des Magen-Darm- Trakts (Darm, Leber, Bauchspeicheldrüse) betroffen sind, leiden die Patientinnen und Patienten häufig an Verdauungsproblemen. Die Bauchspeicheldrüse kann die notwendigen Verdauungsenzyme nicht ausreichend bilden (exokrine Pankreasinsuffizienz), weshalb in vielen Fällen die medikamentöse Substitution dieser Enzyme (abhängig vom Fettgehalt der Nahrung) notwendig ist3. Darüber hinaus ist die Gabe fettlöslicher Vitamine (Vitamin E, D, K und A) häufig indiziert. Betroffene profitieren von der Betreuung durch geschulte Ernährungstherapeutinnen und -therapeuten, da eine optimierte Ernährung und ein guter Ernährungszustand den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.
REFERENZEN:
1 Mukoviszidose e. V.: Neugeborenen-Screening auf Mukoviszidose; https://www.muko.info/mukoviszidose/diagnostik/neugeborenen-screening
2 Mukoviszidose e. V.: Therapie der Mukoviszidose; https://www.muko.info/mukoviszidose/therapieder- mukoviszidose
3 S1-Leitlinie Mukoviszidose: Ernährung und exokrine Pankreasinsuffizienz; https://www.muko.info/fileadmin/user_upload/was_wir_tun/leitlinien/LL_S1_mukoviszidose_ernae hrung_exokrine_pankreasinsuffizienz.pdf