Fünf Tipps für gute Kommunikation zwischen Ärzteschaft und Pflegenden
Haben Sie Schwierigkeiten, mit Ärztinnen und Ärzten zu kommunizieren?
Sie sind damit nicht allein! Es kann schon schwierig genug sein, mit der Ärzteschaft über die eigene Gesundheit zu sprechen. Wenn man für einen geliebten Menschen sorgt, erscheint der Druck noch größer.
Der Langzeit-Pfleger Marc Lawrence hat fünf Jahre damit verbracht, die Kunst der Kommunikation zwischen Ärztinnen und Ärzten und pflegenden Personen zu beherrschen. Er hat fünf Tipps zusammengestellt, die Ihnen helfen, das Beste aus Ihren Arztterminen herauszuholen, ohne sich überfordert zu fühlen. Das ist seine Geschichte.
Eine der wichtigsten Aufgaben, die Sie als pflegende Person übernehmen, ist es, sich für die Gesundheit der Ihnen nahestehenden Person einzusetzen.
Als Beistand sind Sie dafür verantwortlich, mit medizinischem Fachpersonal zu interagieren und die bestmöglichen fürsorgebezogenen Entscheidungen zu treffen.
Diese Rolle auszufüllen ist oft sehr anstrengend und viele Menschen haben das Gefühl, dass ihr Stresspegel bei Arztbesuchen steigt. Das ist völlig normal - Sie machen sich Sorgen um Ihre Gesundheit oder die Gesundheit Ihrer oder Ihres Angehörigen und medizinische Informationen können schwer zu verarbeiten sein.
Ich hoffe, dass die folgenden fünf Tipps dazu beitragen, zukünftige Arztbesuche weniger belastend gestalten. Außerdem helfen sie Ihnen, die bestmögliche Versorgung für den Ihnen nahestehenden Menschen zu bekommen.
- Lassen Sie sich nicht einschüchtern – Ärztinnen und Ärzte wollen Ihnen keine Angst einjagen!
- Bereiten Sie sich auf jeden Termin vor
- Es gibt keine dummen Fragen – stellen Sie alle Fragen, auf die Sie Antworten brauchen
- Überwachen Sie die Fortschritte Ihrer oder Ihres Angehörigen und bleiben Sie dran
- Denken Sie daran – Pflege ist eine Superkraft und sie liegt in Ihren Händen
1. Lassen Sie sich nicht einschüchtern – Ärztinnen und Ärzte wollen Ihnen keine Angst einjagen!
Ärztinnen und Ärzte sind auch nur Menschen!
Auch wenn es Ihnen so vorkommen mag, als müssten Sie der Ärzteschaft mit Ehrfurcht begegnen, sollten Sie dieses Gefühl ignorieren. Stattdessen sollten Sie sich befähigt fühlen und die Situation selbst in die Hand nehmen. Immerhin sind Sie es, nicht die Ärztinnen und Ärzte, die sich jeden Tag um die zu pflegende Person kümmern. Und Sie sind entscheidend.
Wenn Sie also das Gefühl haben, dass Sie unter Druck gesetzt werden oder etwas nicht verstehen, dann sagen Sie einfach: „Stopp!“
Bitten Sie die Ärztin oder den Arzt dann (höflich), langsamer zu sprechen oder Unklarheiten zu beseitigen. Immerhin können Missverständnisse zu Fehlern führen, was auf Dauer mehr Arzttermine zur Folge haben kann.
Es ist absolut verständlich, wenn Sie beim Lesen dieser Zeilen ein flaues Gefühl im Magen verspüren. Früher hasste ich alles, was auch nur ansatzweise nach Konfrontation aussah. Aber Sie müssen diese Angst überwinden. Auch wenn Sie das Fachwissen und den Erfahrungsschatz von Ärztinnen und Ärzten respektieren sollten, so haben Sie trotzdem das Recht und die Verantwortung, aufmerksam und umsichtig behandelt zu werden.
Möglicherweise Ihre medizinische Ansprechperson sogar eher bereit, Details zu erklären, wenn Sie Ihre Bedenken und Ihren bestehenden Wissensstand mitgeteilt haben.
2. Bereiten Sie sich auf jeden Termin vor
Als pflegende Person weiß ich mehr über die Gesundheit meiner Liebsten als alle anderen. Vielleicht sogar mehr als die Person selbst.
Bevor ich mich mit ihren Ärztinnen und Ärzten treffe, sorge ich dafür, dass ich mit allen Informationen ausgestattet bin, die das medizinische Team möglicherweise benötigt. Ich führe zum Beispiel immer Notizen mit den aktuellen Medikamenten und deren Dosierung in meiner Brieftasche mit.
Auf dem Zettel stehen außerdem eine Kurzbeschreibung des aktuellen Gesundheitszustands, die Kontaktdaten des behandelnden Fachpersonals, die Versicherungsdaten und eine zusätzliche Kontaktperson in Notfällen, falls ich nicht erreichbar sein sollte.
Das kann lebensrettend sein, sollte etwas passieren, wodurch keiner von uns in mehr in der Lage ist, zu kommunizieren. Um auf Nummer sicher zu gehen, führe ich außerdem die Versicherungskarten und den Führerschein meiner Frau mit.
Vor jedem Termin frage ich sie, wie sie sich fühlt - sowohl körperlich als auch emotional. Außerdem mache ich mir sorgfältige Notizen über alle Veränderungen, die ich an Zustand oder Verhalten beobachtet habe.
Glauben Sie mir: es ist wichtig, gründlich zu sein. Bei neurologischen Erkrankungen können Sie nie wissen, welche Informationen für Ihre Gesprächspartnerin oder Ihren Gesprächspartner entscheidend sein können.
Ich habe zum Beispiel einmal erwähnt, dass das linke Auge meiner Liebsten ständig tränt und ihre Nase kurz nach dem Frühstück zu laufen begonnen hatte. Der Neurologe erklärte, dass dies häufig vorkommt, wenn das Gehirn während des Schluckvorgangs den Impuls der Nerven falsch interpretiert. Wer hätte das gedacht?
Zu guter Letzt erstelle ich immer eine Liste der Themen, die ich besprechen möchte, wobei die drei wichtigsten Themen an erster Stelle stehen. Zeitmangel ist ein echtes Problem, daher hilft es mir, meine Fragen nach Wichtigkeit zu sortieren, damit ich den Überblick behalte und mir entsprechende Notizen machen kann.
3. Es gibt keine dummen Fragen – stellen Sie alle Fragen, auf die Sie Antworten brauchen
In den 1980er Jahren warb ein berühmter Fernsehspot mit dem Slogan „Ein informierter Verbraucher ist der beste Kunde“.
Die Befähigung des Kunden wurde zu einem weit verbreiteten Leitsatz. Obwohl der Slogan gut klang, wurde tatsächlich nur wenig getan, um die Verbraucherinnen und Verbraucher zu informieren. Vielmehr hing das Wissen der Kundschaft über die Dienstleistung oder das Produkt davon ab, wie gut die Verkäuferin oder der Verkäufer oder vermeintlich fachkundige Personen darüber Auskunft gaben.
Obwohl das Internet in einigen Fällen Abhilfe schaffte, waren zahlreiche Kundinnen und Kunden verwirrter denn je. Gesundheitsdienstleistungen sind genauso kompliziert, wenn nicht noch komplizierter. Geben Sie eine Krankheit oder eine Frage zum Gesundheitswesen in eine Suchmaschine ein und Sie werden auf ebenso vielen Seiten fünf verschiedene „fachkundige“ Antworten finden. Wie kann man da zwischen einer guten und einer falschen Quelle unterscheiden? Wie können wir feststellen, was wahr ist und was nicht? Eine bessere und oft zuverlässigere Vorgehensweise ist es, alle Fragen direkt an Ihre medizinischen Ansprechperson zu richten.
3.(a) Die Kunst des Fragens lernen
Fragen stellen ist eine Kunst für sich. Glauben Sie mir, Sie können die Kunst des Fragestellens üben und lernen, wohlüberlegte und gezielte Nachfragen zu jedem Thema zu stellen. Im Folgenden finden Sie vier Beispiele für Fragen, die als Einstieg dienen können.
Die erste Vorgehensweise, um eine angemessene Antwort zu erhalten, besteht darin, offene Fragen zu stellen. Es handelt sich um Fragen, die nicht mit einem einfachen „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können, und bedürfen zusätzlicher Erläuterungen.
Beispiel für eine geschlossene Frage: Muss ich jeden Tag XXX machen?
Beispiel für eine offene Frage: Was sind die Vorteile von XXX und welche Veränderungen kann ich erwarten, wenn ich es jeden Tag mache?
Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn Ihnen momentan keine offenen Fragen einfallen. Am einfachsten ist es, wenn Sie Ihre Gesprächspartnerin oder Ihren Gesprächspartner bitten, eine Information zu wiederholen, die Sie vielleicht übersehen oder nicht verstanden haben. Nutzen Sie die Gelegenheit, um sich Notizen zu machen und die Antwort zu verarbeiten.
Die nächste Art von „geschickter“ Fragestellung ist die klärende Frage. Wie alle Fachleute gewöhnt sich auch die Ärzteschaft daran, in ihrem „Fachjargon“ zu sprechen. Was für sie vollkommen klar ist, ist für uns ggf. absolut unverständlich. Es ist keine Schande, eine Ärztin, einen Arzt oder Gesundheitsdienstleistende zu bitten, etwas zu erläutern! Sie spielen für die gleiche sinnbildliche Mannschaft.
Beispiel für eine klärende Frage: Habe ich Sie richtig verstanden, als Sie mir das Verfahren XXX [Zusammenfassung einer vorangegangenen Erklärung] erklärt haben?
Selbst wenn ich glaube zu wissen, worüber mein Gegenüber spricht, kann es vorkommen, dass ich trotzdem um eine Erklärung bitte. So kann ich sicher sein, dass ich stimmige Antworten erhalte und dass das, was ich vielleicht schon weiß, bestätigt wird. Klärende Fragen helfen Ihnen auch bei Typ A-„Was dann?“ Fragen.
„Was dann?“ Fragen beziehen sich auf das weitere Vorgehen hinsichtlich der Genesung und weiteren Behandlung. Wenn Sie anfangen, diese Fragen zu stellen, können Sie das Gespräch so weit in die Zukunft lenken, wie sie die Ärztin oder der Arzt realistisch absehen kann.
Beispiel Nr. 1 für eine „Was dann?“ Frage: Wenn ich diesen Behandlungsplan befolge, was würde passieren, wenn ...
Beispiel Nr 2 für eine "Was dann?" Frage: Was, wenn wir XXX nicht tun? Was können wir in der Zukunft erwarten?
Es ist wichtig, über den gegenwärtigen Zeitpunkt hinauszublicken und die Auswirkungen des eigenen Handelns zu verstehen. Wenn es um Leben und Tod geht, wie z. B. bei einem Schlaganfall oder Herzinfarkt, muss man natürlich dem medizinischen Team vertrauen und es seine Arbeit machen lassen. Am besten ist es jedoch, wenn man sich einen umfassenden Überblick über die Dinge des Alltags verschafft.
Manchmal frage ich eine andere medizinische Fachperson, z. B. qualifizierte Freunde oder Verwandte, um ihren Rat. In der Regel sind die Ratschläge dieselben wie die, die ich von der behandelnden Ärzteschaft bekommen habe, aber es beruhigt mich trotzdem sehr.
Bei der letzten Art von Fragen geht es darum, die Ärztin oder den Arzt nach seiner Meinung zu etwas zu fragen, das Sie gelesen oder gesehen haben.
Beispiel für eine meinungsbezogene Frage: Was halten Sie von dieser neuen Behandlungsmöglichkeit für XXX? Warum würde es (nicht) helfen?
Das ist die vernünftige und korrekte Vorgehensweise. Erstens kann es sehr gefährlich sein, etwas ohne grünes Licht vom Fachpersonal auszuprobieren. Zweitens kann Sie die Antwort durchaus überraschen! Ich habe unsere Ärztinnen und Ärzte in der Vergangenheit zu unterschiedlichen Behandlungen, Medikamenten, Therapien und Spezialteams befragt.
Manchmal stimmt mir die Gesprächsperson sogar zu oder sagt etwas wie: „Daran hatte ich noch gar nicht gedacht, aber einen Versuch ist es wert.“
4. Überwachen Sie die Fortschritte Ihrer oder Ihres Angehörigen und bleiben Sie dran
Wenn es um medizinische Versorgung geht – meine eigene oder die meiner pflegenden Person – beobachte ich ständig die Wirkung der verordneten Therapie.
Wirken die Medikamente, so wie beabsichtigt? Haben sie unerwünschte Effekte?
Zeigt die verordnete Physiotherapie Wirkung oder verursacht sie andere Probleme?
Hat ein Eingriff unvorhergesehene Folgen, die ich notieren sollte? Schadet etwas mehr als es nützt?
Gehen Sie nicht selbstverständlich davon aus, dass alles, was verschrieben wird, auch wirkt. Wie ich bereits sagte, sind Ärztinnenn und Ärzte auch nur Menschen und alle sind unterschiedlich. Was bei Freunden oder in der Kollegschaft funktioniert hat, mag bei Ihnen längst nicht so gut funktionieren. Medizinische Fachpersonen können nicht mit absoluter Sicherheit sagen, was bei einem Menschen funktioniert und was nicht. Genau wie Sie, versuchen sie ihr Möglichstes.
Da wir nicht davon ausgehen können, dass es in absehbarer Zeit eine Art universelles "Allheilmittel" geben wird, ist es an Ihnen darauf zu achten, ob die Behandlung positive oder negative Auswirkungen auf die Person in Ihrer Pflegeobhut hat. Geben Sie Informationen an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt weiter und vergessen Sie nicht, nach den nächsten Schritten zu fragen.
Nach über fünf Jahren als pflegende Person schlage ich gelegentlich vor, die Medikamente meiner Frau zu ändern, wenn sie sich auf ihr Verhalten auswirken. Ich bin zwar kein „Experte", aber ich bin derjenige, der ihren Gesundheitszustand nahezu rund um die Uhr überwacht. Durch Überwachen und Hinterfragen können Sie sicherstellen, dass Sie zu medizinischen Fortschritten auf dem Laufenden bleiben und das behandelnde Team wird über Fortschritte oder Verschlechterungen informiert. Anfänglich ist es nicht leicht, aber Sie werden lernen, selbst kleinste Veränderungen im Zustand der zu pflegenden Person zu erkennen und aufmerksam zu bleiben.
5. Denken Sie daran – Pflege ist eine Superkraft und sie liegt in Ihren Händen
Ich will damit nicht sagen, dass Sie sich besser auskennen als das behandelnde Team. Das sind die Fachleute. Vielmehr möchte ich Sie dazu ermuntern, nicht alles für bare Münze zu nehmen – vor allem dann, wenn Sie nicht verstehen, was gesagt wird, oder wenn Sie sich nicht sicher sind, inwiefern etwas helfen wird.
Medizinische Fachpersonen, die Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen, werden Ihnen helfen, sich weiterzubilden, eine langfristige Beziehung zu Ihrem behandelnden Team aufzubauen und sicherzustellen, dass die Ihnen nahestehende Person die für sie geeignete Behandlung erhält.
Es ist wichtig, Notizen zu machen und Fragen zu stellen, um ein eventuelles Problem zu identifizieren, bevor es eskaliert.
Wenn Ihre Ärztin oder Ihr Arzt Ihre Fragen zurückweist oder nicht bereit ist, auf Ihre Anliegen einzugehen, sollten Sie unbedingt eine zweite Meinung einholen. Sie müssen nicht auf Lebenszeit in der gleichen Praxis bleiben. Wenn Sie mit der Vorgehensweise dort nicht zufrieden sind, können Sie zu einer anderen Fachkraft wechseln.
Trotzdem möchte ich Sie auch an diesem Punkt daran erinnern, dass Ärztinnen und Ärzte nur Menschen sind. Natürlich sind sie in dem was sie tun ausgebildet, erfahren und kennen sich besonders gut aus, sind aber eben auch nur Menschen. Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, die Praxis zu wechseln, fragen Sie sich Folgendes: Sind Sie wirklich unzufrieden mit der ärztlichen Behandlung und Beratung oder gefällt Ihnen nur nicht, was Ihnen gesagt wird? Das ist ein gewaltiger Unterschied.
Andererseits stellen einige von Ihnen die behandelnde Person vielleicht auf ein Podest. Ich sage es nochmal: Sie sind die Fürsorgeperson. Sie kennen den Ihnen nahestehenden Menschen besser als alle anderen. Sie sind ein wesentlicher Teil des medizinischen Teams Ihrer oder Ihres Angehörigen und gutes Fachpersonal wird Sie bestärken und Ihren Input schätzen.